von zimtspinne » Do, 17.04.2014 19:39
Meine Eltern sind schon jung beide aus der Kirche ausgetreten. Haben allerdings nie über die Kirche gewettert, war nie Thema bei uns, ich konnte mich selbst entscheiden. Also eigentlich weltanschaulich neutrale Erziehung, wie es die Schulen auch tun sollten (und oft nicht tun, gerade in katholischen Gegenden).
Ich hab früh gemerkt, dass ich mit Glauben und Religion nichts anfangen kann, keinen Zugang finde. Eine ganze Weile hatte ich eine ziemlich religiöse beste Freundin (evangelisch, so erzogen), die mich auch häufiger mal mit auf Kirchenveranstaltungen nahm. Ich war dafür offen, allerdings ging ich hauptsächlich mit, weil ich mit meiner besten Freundin was machen wollte.
Ich fühlte mich nie wohl dort, weder in Kirchen noch auf sonstigen Veranstaltungen. Es war keine Angst, aber ne Art von Bedrängnis. Also einfach keine Geborgenheit, was ja eingentlich vermittelt werden soll. Auf den Jugendveranstaltungen (einmal wars eine Schülerreise) war das Problem für mich nicht, dass es gesittet zuging (also nix mit Alkohol oder kiffen) sondern zu viel "wir haben uns alle ganz doll lieb"-Getue. Überbordende Harmoniesucht hat mich noch nie angesprochen.
So merkte ich schon mit 15/16, dass Glaube und Religion kein Angebot für mich sind, mich eher abschrecken. Die Bibel und das Alte Testament fand ich dann auch richtig abschreckend. Was für ein Geschwurbel.
Hab aber auch sehr gute Erfahrungen mit religiösen Leuten gemacht. Meine Großeltern wohnten während meiner Kindheit neben der Pfarrersfamilie des Ortes und waren auch mit ihnen befreundet. Das waren ganz liebenswerte Menschen, die auch keinesfalls herummissionierten. Eine ganz normale Famliie halt, wie es die katholische Kirche ja schon mal abartigerweise gar nicht zulässt (um ja möglichst viel Reichtum anzuhäufen, den die Pfaffen dann nur an ihre Kirche vererben dürfen und nicht an Kinder oder Ehefrauen.)
Meine Oma übernahm jedes Jahr die Blumenpflege während die in Urlaub waren und guckte dann auch in der Kirche nach dem rechten. Auch sonst half sie häufig bei Vorbereitungen und so kam ich öfters als Kind in die (leere) Kirche, was mir schön schauderlich vorkam.
Ich liebe ja Kirchen und Klöster, aber eben auch, weil sie so eine Gruselatmosphäre verbreiten. Viel auf dem Buckel, was man lieber nicht so genau im Detail wissen möchte. Und als meine Heimat, Zufluchtsort und sonstiges kann ich sie schon überhaupt nicht wahrnehmen.
Das sind Orte der Geschichte, spannend und schrecklich zugleich. So nahm ich das ziemlich unbeeinflusst als Kind wahr (ich könnte jetzt nicht mal sagen, ob meine Oma eine religiöse Frau ist... eher nein, aber sie geht halt mit den Traditionen aus Gewohnheit mit. Sie glaubt an irgendwas, aber nicht an den Gott der Kirche, eher an übersinnliches allgemein).
Jetzt wo ich älter bin und nicht mehr nur nach Gefühlen oder Abneigungen gehe sondern Dinge auch kritisch hinterfrage, kann ich Glauben noch viel weniger nachvollziehen. Wie man an etwas glauben kann, dessen Existenz sehr unwahrscheinlich ist... mit heutigem Wissensstand. Und wie man noch immer das Kirchen"spiel" von Macht, Angst, Schuldgefühlen, Himmel- und Hölleversprechen (oder Drohungen) ganz freiwillig mitspielen kann. Früher war das ja doch eher nicht durchschaubar und vieles auch nicht erklärbar.
Andererseits scheints den Menschen Halt und Sicherheit zu geben (mir eben nicht, eher das Gegenteil), wie auch immer das funktioniert. Also isses auch ok, wenn es weiterhin Religionen gibt, aber bitte dann doch endlich mal Staat und Religion wirklich trennen und Glauben zur Privatsache machen.
Die Kirche hat ja wohl nicht das geringste Recht, den Leuten in einer Region vorzuschreiben oder zu verbieten, was die sich an Filmen anschauen dürfen.
Das wirft schon wieder ein bezeichnendes Licht auf den Verein - wer Verbote erteilt, hat Angst und etwas zu verbergen. Dazu fällt mir glatt das Voltaire-Zitat zur Meinungsfreiheit ein...